Ein Bisschen Geschichte verschwindet
In der Nähe der Wohnsiedlung, in der ich lebe, stand seit Menschen gedenken ein maroder, zerfallener Schuppen, der älter als die Menschheit zu sein schien. Entdeckt hatte ich ihn irgendwann, als ich vor über 30 Jahren noch zur Schule ging und mir in meiner kindlichen Fantasie ausmalte, welche ungeheuerlichen Vorgänge sich im Innern wohl abspielen mochten. Den Mut, einmal hineinzuschauen, hatte ich – wie auch viele andere Schulfreunde – nicht, und so blieb die Wahrheit ein Geheimnis. Aber was ist schon die Wahrheit gegen Hexen, entflohene Mörder, Geister und verborgene Laboratorien des Militärs unter diesem Schuppen, der natürlich nur Tarnung war!
Jetzt, so viele Jahre später, wurde dieser herrlich mysteriöse Ort Opfer einer Sanierung des kleinen Strässchens, an dem er stand. Weder weiss ich, wem dieses Bauwerk eigentlich gehörte, noch wie es tatsächlich im Innern aussah. Ich bin mir aber sicher, dass die etwas Mutigeren unter uns Schulkindern damals im Innern heimlich an ihrer ersten Flasche Bier genuckelt hatten, vielleicht das erste mal den Mut fassten, mit zittrigen Fingern unter das T-Shirt der Freundin zu greifen oder einfach nur in gemütlichem Beisammensein über Superhelden, Wrestling und ‚Die drei ???‘ quatschten. Ein kleines Bisschen Geschichte ist von heute auf morgen verschwunden, und nur wenige werden sich daran erinnern. Mir aber bleibt dieses gedrängte, düstere Gebäude für immer als ungelöstes Geheimnis erhalten. Und früher oder später werde ich ihn einmal in einer Geschichte oder einem Roman einbauen.
Tschüss Schuppen … du warst ein fremdartiger, bedrohlicher, aber auch guter Freund!
Pack den Tiger in den Tank, oder so
… und dann geht’s los! Ich trinke zwar kein Benzin (auch kein bleifreies), aber die Aufbruchstimmung, die der ESSO-Tiger mit stolz geschwellter Brust schon als Kind in mir auslöste, macht sich gerade bemerkbar. 2015 scheint ein Jahr vieler Projekte zu werden, und das ist gut, sehr gut sogar.
Nummer 1: Soeben habe ich eine Story namens ‚Farbenschwund‘ für eine von Constantin Dupien herausgegebene Anthologie abgeliefert, über die ich leider noch nichts sagen darf – habt Geduld, bald wird es so weit sein. Nur so viel: Constantin erhielt so viele hervorragende und teilweise lange Geschichten (zu einem Thema, über das ich auch noch nichts verlauten lassen darf), dass er sich kurzerhand entschloss, den Band in zwei Teilen zu veröffentlichen. Meine etwas längere Kurzgeschichte wird nun mit den Novellen von zwei tollen Autoren (zu deren Identität ich ebenfalls schweigen muss) und einem Sachtext eines der Bücher füllen.
Nummer 2: Ebenfalls abgeliefert ist eine schon ältere, aber neu überarbeitete Geschichte mit dem Namen ‚Türen‘ für eine Anthologie von Michael Schmidt, die im Moment den provisorischen Titel ‚Ab 18‘ trägt. Wie diese Altersfreigabe einen erahnen lässt, sind im Band vorwiegend Geschichten für ein schon etwas reiferes Publikum enthalten. Allerdings sind damit nicht überzogene Brutalität oder Sexualität gemeint, sondern Themen, die eher den dunklen Seiten des Lebens zuzusprechen sind, die philosophisch angehaucht sein können und vorausstzen, dass man keine Windeln mehr trägt.
Nummer 3: Nächsten Monat beginne ich mit der Arbeit an ‚Träumen im Innern eines Walfischs‘ für die Anthologie ‚Die grüne Muse‘. In meinem letzten Beitrag habe ich davon bereits ausführlicher berichtet.
Nummer 4: Ebenfalls dabei bin ich in einer von Alisha Bionda herausgegebenen Anthologie, welche dem Künstler Mark Freier gewidmet ist. Er wird das Cover erstellen, aber auch zu jeder Geschichte eine Grafik liefern. Da der Band erst Mitte 2016 erscheint, habe ich noch bis Ende Jahr Zeit, um meinen Beitrag abzuliefern.
Nummer 5: Irgendwo zwischen all den Kurzgeschichten, der Arbeit und dem Leben werde ich endlich die Arbeit an meinem Roman ‚Es war einmal …‘ wieder aufnehmen. Zu lange schon wartet das begonnene Manuskript auf seine Vollendung. Wenn es so weit ist, lasse ichs euch wissen.
Und jetzt pack ich den Tiger in Form eines Tees in meinen Tank. Gute Nacht!
Es grünet so sehr!
Kürzlich ist der Vertrag bezüglich einer weiteren Kurzgeschichte für ein Anthologienprojekt bei mir eingetrudelt, das bereits in der Projektphase einen äusserst vielversprechenden Eindruck hinterlässt: ‚Die grüne Muse‘. Erscheinen wird diese von Alisha Bionda ins Leben gerufene Antho voraussichtlich im 2. Quartal 2016 – ihr müsst euch also noch ein klein wenig gedulden. Inhaltlich dreht sich alles um Absinth, eben jene grüne Muse, die schon manchen inspirierte, andere irre machte und wieder andere (die ganz harten Jungs) komplett unberührt liess. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem (angeblichen) Einfluss, den Absinth auf das Schaffen bekannter Künstler und Autoren machte. Nebst phantastischen Geschichten von Alisha Bionda, Tanya Carpenter, Marc-Alastor E.-E., Christian Endres, Guido Krain, Aino Laos, Dave T. Morgan, Lothar Nietsch, Sören Prescher, Torsten Scheib, Vincent Voss, Arthur Gordon Wolf, u.a. werden auch ein bis zwei Essays im Band enthalten sein. Des weiteren wird Crossvalley Smith jeden Text mit einer eigens dafür erstellten Grafik versehen.
Mein bescheidener Beitrag trägt den Arbeitstitel ‚Träumen im Innern eines Walfischs‘ – ein wunderschöner, surrealer Titel, für den ich allerdings bloss eine lose Idee habe. Es liegt noch viel Recherchearbeit zum Thema Tachyonen, Zeitreise und verstorbene Filmstars vor mir, aber für irgendetwas sind Weihnachtsferien schliesslich zu gebrauchen. So long und bis bald!
Für eine Handvoll Kaktus
Vor nicht all zu langer Zeit reiste ich für zwei Wochen nach Mallorca um zu wandern, an einer Kurzgeschichte zu schreiben, im Pool zu schwimmen und meine Agentin beim Chinesen um die Ecke zu treffen. Und das Beste: Wie immer im Herbst waren da nur sehr wenige Touristen, die mir Leben und Ruhe vergraulen konnten. Ausserdem las ich viel – Robert Silverbergs grandioser, 1000 Seiten starker Historienroman ‚Der Herr der Finsternis‘, in welchem der englische Seefahrer Andrew Battell um ca. 1600 von schurkischen Portugiesen gefangen genommen und in ein afrikanisches Gefangenenlager verfrachtet wird. Auf dem schwarzen Kontinent verbringt der Gute dann rund 20 Jahre, die mit allerlei Abenteuer, Betrügereien, Sklavenhandel, vielen Frauen und noch viel mehr Kannibalen ausgefüllt sind.
Mich selbst verschlug es nicht nach Afrika, obwohl es von Mallorca nur knapp 300 geschätzte Kilometer in südlicher Richtung entfernt liegt. Dafür verbrachte ich einen herrlichen, leicht bewölkten Tag im botanischen Garten ‚Botanicactus‘, der im Süden der Insel in der Nähe des Ortes Ses Salines 1987 erbaut wurde. Nebst Mallorquinischer Flora und tropischer Vegetation bestimmen hier vor allem 10’000 Kakteenarten das imposante Bild. Auch gibt es einen künstlich angelegten See, der förmlich zu einem Picknick einlädt. Und wie immer an schönen Orten wie diesem, flogen auch dieses Mal die Stunden und liessen mir an diesem Tag gerade noch Zeit, den südlichsten Punkt Mallorcas zu besuchen: Cap Salines. Eine etwas trostlose Steinlandschaft lag da vor mir, in der Hunderte, wenn nicht Tausende kleinere und grössere Steintürmchen von Touristen wie auch Einheimischen aufgeschichtet wurden. Ständig anbrandende Wellen schufen eine hypnotische Geräuschkulisse – lediglich ein alter Leutchturm im Hintergrund passt meiner Meinung nach nicht recht zu der urzeitlichen Stimmung, die dort herrscht. Ich stelle mir vor, dass dieser Ort bei Sturm eine einmalige Atmosphäre erzeugt.
Und viel zu schnell waren meine Ferien auch schon wieder vorbei. Bis irgendwann, Mallorca!
Gegen jede Regel
‚Gegen jede Regel‘ … klingt wilder als es ist. Tatsächlich habe ich es mir zur Regel gemacht, keine Werbeflut für Verlage auf meiner Homepage zu veranstalten, aus dem einfachen Grund, weil dies wichtigeren Artikeln über mich und mein eigenes Werk die Aufmerksamkeit des Publikums streitig machen würde . Und da das Internet ohnehin übervoll mit Werbung, Empfehlungen, Top Ten Listen für jeden Quatsch und anderem Zeit tötenden Mist ist, will ich in den Kanon nicht auch noch einsteigen.
Warum ich meine Regel für einmal doch breche, ist einfach: Ich halte den GOLKONDA VERLAG für den seit langem interessantesten, mutigsten und genreoffensten Verlag. Da finden sich Romane, Novellen, ja sogar heute rar gewordene Kurzgeschichtenbände der Genres Science Fiction, Fantasy, Horror … aber auch Ausrichtungen, die nicht in die genannen Schubladen passen. Neuauflagen alter Bücher gibt es, Übersetzungen von bisher nicht in deutscher Sprache erschienenen Geschichten, usw. Dabei wird primär nicht darauf geachtet, ob das kommerziell vielversprechend ist, sondern ob die Qualität des Gebotenen hoch ist. Und da sie genau das ist, verkaufen sich selbst die für gewöhnlich problematischen Kurzgeschichtenbände sehr gut. Golkonda ist – um es in einfachen Worten zu sagen – zu einer Instanz geworden, der ich blind vertraue, und das ist eine aussergewöhnliche Qualität. Wer mehr dazu wissen will, dem empfehle ich ein aktuelles Interview mit Hannes Riffel, dem Kopf hinter dem GOLKONDA VERLAG. Zu finden ist das von Michael Schmidt geführte Interview HIER.
Sämtliche Empfehlungen aus dem Verlagsprogramm auszusprechen, würde den Rahmen dieses Eintrags bei weitem sprengen, denn ich müsste ganz einfach jedes einzelne Buch nennen. Für mich DIE Neuentdeckung schlechthin ist aber Ted Chiang, dessen beiden Kurzgeschichtenbände ‚Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes‘ und ‚Das wahre Wesen der Dinge‘ ich wärmstens jedem empfehlen kann, der offen für philosophische Geschichten im Science Fiction Gewand ist. Kopf einschalten und abtauchen!
Im Reich der wilden Tiere
Mit über einem Jahr Verspätung (und das ist noch lange nichts!) erscheint dieser Tage die lang ersehnte und von Alisha Bionda herausgegebene Tier-Anthologie ‚Animals‘ World‘. Darin finden sich – unschwer zu erraten – Kurzgeschichten, die mit animalischen Protagonisten aufwarten. Geboten wird ein breites, immer wieder überraschendes Spektrum phantastischer Geschichten, die unter dem nicht ganz passenden Begriff ‚Fur Fiction‘ zusammengefasst werden; immerhin gibt es ja auch haarlose Tiere wie Fische oder Nacktschnecken.
Und um Fische geht es auch in meinem bescheidenen Beitrag ‚Wir sind dann mal weg‘. Fische, Freundschaft, Familienbande, das Schreiben, Kunst und schliesslich das wichtigste von allem: das Universum! All diese Themen finden sich in der nicht ganz ernsten Story, bei der es mir schwerfiel, an ein Ende zu gelangen. Denn manche Geschichten wollen partout nicht enden, trotzdem müssen wir ihnen einen Abschluss verschaffen. Aber wer weiss, vielleicht werde ich irgendwann zu ihr zurückkehren und sie etwas ausdehnen.
Wer direkt beim Verlag p.machinery bestellt, erhällt die Version der Anthologie, in der die vier Innenillustrationen farbig sind – wer andernorts bestellt, wird diejenige mit den schwarz-weissen Bildern erhalten. Der Inhalt bleibt selbstverständlich der gleiche. Und hier die Tierbändiger …
Inhalt:
Florian Hilleberg – Frauenbewegung
Annika Dick – Der Herr des Dschungels
Margret Schwekendiek – Die Krone der Schöpfung
Guido Krain – Animals’ World
Sören Prescher – Hasenjagd
Sören Prescher – Der Hase und der Bär
Tanja Bern – Verstoßen
Andreas Flögel – Rudis Rudel
Martin Barkawitz – Zwingerbrut
Achim Stößer – Haare
Dave T. Morgan – Gismo
Antje Ippensen – Der Katzenkarfunkelstein
Oliver Kern – Maustage
Harald A. Weissen – Wir sind dann mal weg