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Der Abo-Wahn greift um sich

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Wie alle, die mich kennen, wissen, war ich noch nie ein Fan von Limitierungen oder Sammeleditionen, egal ob bei Büchern, Film- oder Musikträgern. Für mich gilt, dass Kunst unabhängig ihrer Form so vielen Menschen für so wenig Geld wie möglich zugänglich sein muss. Immerhin geht es dabei um die Bildung vom Verständnis für die eigene Kultur und die Welt und wie sich die neu gewonnenen Erkenntnisse auf die eigene Persönlichkeit auswirken.

Limitierungen und Sammeleditionen verweigern die wichtige Zugänglichkeit einer grösseren Menge an Menschen ganz bewusst. Zudem machen sich die Produzenten dieser künstlichen Verknappungen Mechanismen im Menschen zunutze, die suchterzeugend sein können. Während das Sammeln in grauer Vorzeit noch dazu diente, genügend Nahrungsmittel zu horten, weil sonst nicht gewährleistet war, dass man den nächsten Winter überleben würde, dient es heutzutage eher dazu, einen Status innerhalb eines gewissen gesellschaftlichen Kreises einzunehmen. Ich spreche hier von bewusst erzeugter Kaufsucht. Als ich vor einer Stunde aktuelle Zahlen suchte, fand ich bezüglich der Schweiz heraus, dass 5% der Bevölkerung als kaufsüchtig gelten. Im Bezug auf Deutschland las ich an mehreren Stellen Bürgerzahlen um 800’000. Die Zahlen variieren etwas, je nachdem, wo man nachliest, aber eines ist eindeutig: Die Menge an kaufsüchtigen Menschen steigt von Jahr zu Jahr an. Und das ist tragisch. Demgegenüber scheint die therapeutische Versorgungslage prekär zu sein (das ist zwar ein anderes Thema, auf das ich hier nicht weiter eingehen will, trotzdem ist es wichtig, die Tragweite dieser Problematik zu begreifen).

Auf die möglichen negativen Folgen besagter Limitierungen und Sammeleditionen angesprochen, liest und hört man immer wieder, wie Unternehmen oder Individuen an einflussreicher Position Unwissenheit vortäuschen, um möglichst keine Verantwortung zu übernehmen. Die Verantwortung wird vielmehr dem Konsumenten untergeschoben, und frischfröhlich werden dabei Sprüche geklopft, wie etwa „Wir liefern dem Kunden nur das, was er ohnehin will. Wenn wir es nicht tun, dann tun es eben andere“. Bullshit! Es handelt sich dabei um ein Geschäftsmodell, dessen Sinn und Zweck es ist, sich auf unauffällige Weise abhängige Kunden zu erschaffen. Die Aussage, dass nur so ein garantierter Verkauf funktioniert und die Existenz eines Unternehmens gesichert wird, ist zwar bei den Kleinen oftmals korrekt. Trotzdem macht man sich die Suchtanfälligkeit von Menschen kalkuliert zunutze. Und das ist eben nicht korrekt.

Die Limitierung oder das Anpreisen von ultraseltenen nummerierten und signierten Sammelreihen ist dabei aber nur der erste Schritt der Kundenbindung. Was Unternehmen immer mehr wollen, auf was sie ausgerichtet sind, ist der Verkauf von Abo’s, damit ein regelmässiger Geldfluss gewährleistet ist. So gibt der Kunde unnötig viel Geld für unsinnige Mengen an Dingen aus, und andere lachen sich ins goldene Fäustchen. Hier 12 Euro pro Monat für ein Computerprogramm im Abo, dort 40 Euro für eine zweimonatlich erscheinende Buchreihe, ein 10 Euro kostendes Abo für ein Auto-Magazin, 10 Euro für Audible-Höhrbücher, 10 Euro für Spotify, und so weiter und so fort. Die Abo-Mühle mahlt unerbittlich. Rechnet man das alles zusammen, könnte einem durchaus schlecht werden. Die Aussage der Unternehmen, dass man ein Abo jederzeit auch künden könne, stimmt zwar in den meisten Fällen. Nur sieht die Realität so aus, dass die wenigsten Menschen das auch wirklich tun. Sie denken ganz einfach nicht daran, sind von der Arbeit oder privaten Problemen überlastet, und so zahlen und zahlen sie in einem fort. Das geht so weit, bis das eines Tages als „normal“ empfunden und darum akzeptiert wird.

Das erinnert mich an etwas erschreckend ähnliches. Die gleichen Mechanismen zur Verzerrung eines an sich gesunden Verständnisses der Welt finden sich auch bei Endzeit-Sekten mit Hang zu Massensuizid oder Drogendealern. Nur dass in diesem Zusammenhang jeder ohne zu zögern von Kriminalität und Verbrechen spricht. Warum tun wir das nicht auch bei unseren properen Unternehmen, die anstelle von obskuren Glaubensrichtungen oder Drogen eben streng limitierte Bücher, Musik CD’s oder Mediabooks produzieren? Weil uns eingetrichtert wurde, dass das eben „normal“ ist, dass alle das tun und wir für die ach so tollen Dinge zahlen und an die Richtigkeit dieses Systems glauben sollen.

Üblicherweise bin ich nicht jemand, der über solche Angelegenheiten schreibt, viel eher diskutiere ich mit Freunden im kleinen Kreis darüber. Als mich aber vor ca. zwei Wochen der aktuelle Newsletter des FESTA-Verlags erreichte, wurde ich seit langem wieder einmal stinksauer. Es gibt da die beliebte Reihe der Sammlerausgaben. Die Bücher in dieser Reihe sind zwar teuer, dafür sind sie qualitativ sehr hochwertig und liebevoll produziert. Trotzdem fand ich es von Anfang an ärgerlich, dass oft nicht genügend Exemplare vorhanden waren, um alle interessierten Leser zu bedienen. Noch viel mehr stört es mich aber, dass einige gerissene Kerle sich stets mehrere Exemplare sichern, um diese dann später zu horrenden Preisen im oft hohen dreistelligen Bereich weiter zu verkaufen. Was nun aber das Fass für mich zum Überlaufen bringt, ist der Entscheid des FESTA-Verlags, dass die Sammlerausgaben ab sofort nur noch im Abo verkauft werden. Das heisst mit anderen Worten, dass ein Kunde auch Bücher kaufen muss, die er gar nicht haben will, um an diejenigen zu kommen, die er gerne lesen möchte. Selbstverständlich ist die komplette Reihe ausverkauft. Die Kauf- und Sammelsucht hat einmal mehr gesiegt. Und viele echte Fans gucken doof in die Röhre. Shame on you, FESTA, kann ich da nur sagen, dass dieser schamlose Weg eingeschlagen wurde. Der einst sympathische, engagierte Kleinverlag, den ich so gerne unterstützte, indem ich auch Bücher und Anthologien kaufte, die nicht unbedingt meinen Hauptinteressen entsprachen, schlägt einen schiefen Pfad ein.

Update No. 1 in 2019

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Meine Präsenz hier war in in den letzten 10 Monaten etwa 0. Der Grund hierfür ist (oder besser gesagt: war) eine Arbeitsstelle mit irren Anstellbedingungen. Viele kennen das, aber es wird in der Gesellschaft zu wenig darüber geredet. Die Arbeit soll einen ernähren und genügend Freiraum für ein privates, schönes Leben lassen. Aber wenn die Arbeit eben jenen privaten Bereich vernichtet, dann stimmt etwas nicht. Man kommt sich wie in einer dystopischen Produktionsmaschine gefangen vor, mit dem einzigen Lebenszweck zu funktionieren, zu produzieren und zu konsumieren. Diejenigen, die daran gewinnen, sind meist andere. Kurz gesagt: Ich kündete die Stelle um mich wieder mehr meinem Leben und meinen Leidenschaften zu widmen.

Diese harte Zeit forderte leider einige Opfer. Zum einen schrieb ich kaum noch – was sich aber geändert hat. So langsam komme ich wieder vermehrt dazu, in die Tasten zu hauen, und es macht auch richtig Spass. Zum anderen beendeten meine ehemalige Agentur ‚Ashera‘ und ich in gegenseitigem Einvernehmen unsere Zusammenarbeit. Es macht schliesslich keinen Sinn von einer Agentur vertreten zu werden, wenn man nichts zum Veröffentlichen hat. Besonders möchte ich mich noch einmal bei Alisha Bionda bedanken, die sehr viel Geduld bewies. Ich wünsche ihr und meinen Ex-Ashera-Kollegen alles Gute mit ihren Büchern und Geschichten. Auf dass sie viele Leser finden werden!

Ich selbst werde den Weg der kleinen Schritte gehen. Erst mal ein paar Kurzgeschichten für mich selbst oder Anthologien schreiben. Danach einen Roman. Aber alles ohne zeitlichen Rahmen und Druck. Letzten Endes haben wir nur ein Leben, und wenn wir es nicht geniessen, dann ist es plötzlich vorbei. Alles im Leben nimmt einem Zeit weg, nichts ist fähig, sie einem wieder zurückzugeben. Also geniessen wir sie wohl besser. In diesem Sinne: Bis bald, man liest sich.

„Die Grüne Muse“ ist nach Jahren der Vorbereitung gelandet

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‚Was lange währt, wird endlich gut‘ – ich habe keine Ahnung, ob Herausgeberin Alisha Bionda das von Anfang an so geplant hat oder ob andere Gründe den doch sehr langen Entstehungsprozess beeinflussten. Wie auch immer … auf jeden Fall ist „Die Grüne Muse“ in seiner ganzen erzählerischen Pracht jetzt endlich im Fabylon Verlag erschienen und in jedem gut sortierten Buchladen oder online erhältlich. Über das Cover kann man sich streiten; einerseits passt es zum Thema der Antho, meiner Meinung nach aber überhaupt nicht zum tatsächlich gedruckten Inhalt. Es spricht ganz einfach das falsche Publikum an, denn das Cover deutet auf kindlichen, mädchenhaften Feenquatsch hin (sorry, ihr unbelehrbaren Feenfans, Feensammler, Feenjäger und Feenfetischisten da draussen), ist es aber nicht. Überhaupt nicht! Die Anthologie ist eindeutig an Erwachsene gerichtet, sie ist abwechslungsreich und angefüllt mit von zu viel Absinth erzeugten, oft grimmigen Einfällen für den lesehungrigen Phantastik-Liebhaber.

Und dies erzählt uns der Buchrücken:
„Er ist legendär – Absinth! Im 18. Jahrhundert in der Schweiz zum ersten Mal als Kräuter-Heilelixier hergestellt, erfreute sich das zumeist grüne Getränk mit bis zu 85 Volumenprozent vor allem bei Dichtern und Malern des 19. Jahrhunderts großer Beliebtheit. Ab 1915 wurde Absinth für viele Jahrzehnte verboten – und erst 1998 wieder für den Konsum freigegeben.

Anlass genug, dem Absinth eine gehaltvolle, hochprozentige Anthologie zu widmen. In 13 wermutgeschwängerten Geschichten erleben wir Edgar Allan Poe, Henri de Toulouse-Lautrec, Carlo Collodi, Paul Gauguin und weitere ebenso berühmte wie legendäre Künstler auf den Spuren der fée verte.

Umrahmt werden die Erzählungen von klassischen und erlesenen Rezepten zum weiteren Genuss – oder zur Abrundung schon während des Lesens!“

Inhalt Geschichten:
Katja Göddemeyer – Cros an Mars
Arne Kilian – Nimmermehr
Guido Krain – Das Harfenmädchen
Vincent Voss – Auf grünen Schwingen durch die Nacht
Arthur Gordon Wolf – Die kreischenden Harmonien des Rik van Weyden
Marc-Alastor E.-E. – Triumph
Dave T. Morgan – Der weisse Anubis
Torsten Scheib – Im Zirkel der Wonnen
Aino Laos – Der Anfang vom Ende
Nicolaus Equiamicus – Die Marquise d’Auvergne
Harald A. Weissen – Träumen im Innern eines Walfischs
Sören Prescher – Der Mann mit dem geheimen Erkennungszeichen
Lothar Nietsch – Unvergessen

Das langsame Sterben kommerzieller Trägermedien und die Folgen (Teil 2)

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Wie ich eingangs von Teil 1 erwähnte, wurde zu den (psychologischen, sozialen, ect.) Folgen der allgegenwärtigen Digitalisierung unserer Welt schon sehr viel Intelligentes geschrieben – der geneigte Leser kann hier auf einen reichhaltigen Fundus an Sachbüchern zurückgreifen. Das alles an dieser Stelle in kurzer, komprimierter Form wiederzugeben erscheint mir ob der Komplexität des Themas aber unsinnig. Allerdings gibt es da eine Folgeerscheinung, über die ich noch nirgendwo gelesen habe, und auf die will ich eigentlich hinaus: das mit der zunehmenden Digitalisierung einhergehende Sterben von Fachläden und die damit verbundenen sozialen Beschneidungen.

Wenn ich an meine Jugend in den frühen 80er Jahren denke, erinnere ich mich nebst vielem anderen mit einer angenehmen Portion Wehmut an die vielen Samstag Nachmittage in den Indie-Plattenläden Zürichs. Ich ging dort oft mit zwei oder drei Freunden hin, um ein Dutzend Platten aus den Regalen der Sparten EBM, Gothrock und Industrial zu holen, sie anzuhören um schlussendlich ein ausgesuchtes Werk zu kaufen – für mehr reichte das Taschengeld nicht. Das war aber nur die eine Hälfte der ganzen Aktion. Viel wichtiger waren die unzähligen Diskussionen über Bands und Musiker, ihre oft geheimnisvollen Ursprünge und Einflüsse, den künstlerischen Wert ihrer Musik, was die Stücke in uns auslösten und so vieles mehr. Erwachsene Verkäufer, Freunde, andere Kunden … es fand oftmals ein reger, bereichernder Austausch an Wissen und Meinungen statt.

Einige (nicht viele) Jahre später entdeckte ich (ebenfalls in Zürich) ein Spezialgeschäft für Horrorfilme, Exploitation und asiatisches Kino – damals noch auf VHS und Laserdisc, etwas später dann gestellte sich die DVD hinzu. Wie schon in den Plattenläden ging ich auch hier mit Freunden ein und aus, wir trafen Verkäufer und andere Kunden, von denen einige gute Kumpel werden sollten und mit denen ich auch heute, sage und schreibe 25 Jahre später, noch gelegentlich Kontakt habe. Wir sprachen über die Glaubwürdigkeit von Schauspielern und Filme, die Vorteile von handgemachten Spezialeffekten, verbotene obskure Werke und die Sinnlosigkeit des Verbots, wir gaben uns gegenseitig Tips, wenn es darum ging, rare Filme aufzutreiben. Damals gab es noch kein allgegenwärtiges Internet, wir wir es heute kennen, wir mussten zu Fanzines greifen und Briefe schreiben, um an begehrte seltene Filme zu kommen. Oft kamen wir uns bei diesen Besorgungsaktionen wie Indiana Jones vor, der sich durch einen dichten Dschungel zum begehrten Schatz vorkämpft.

Das gleiche wie für Platten- und Filmshops galt natürlich auch für Buchläden, Comicshops und Spielgeschäfte, in denen sich Gleichgesinnte trafen und einen regen Austausch pflegten. Dass man hin und wieder auch Idioten traf, versteht sich von selbst und kann als die Würze in der Suppe betrachtet werden. Die Sache ist aber die, dass auch solche nervenden Begegnungen bereichernd waren (und es natürlich auch heute noch sind), wenn man sich nur anhört, was das Gegenüber zu sagen hat.

Gehe ich heute durch Zürich, sind fast alle Spezialgeschäfte weggestorben, sind Kleider- und Fressläden (man verzeihe mir den abschätzigen Ausdruck) gewichen. Ein Geschäft sieht wie das andere aus, und oftmals sind die Verkäufer zwar gute Verkäufer, haben aber keine Ahnung von den Hintergründen der Dinge, die sie da verkaufen. Leidenschaft, eine Philosophie, schlicht Interesse ist da nur selten zu finden; es existiert, so scheint mir, nur noch der Drang, den neuesten kurzfristigen Trend zu setzen, der ein oder zwei Jahre richtig viel Kohle abwirft. Und so kommen und gehen gesichts- und charakterlose Läden, in denen kein sozialer Austausch mehr zu finden ist. Eine Einkaufsstrasse sieht wie die andere aus.

Wie gehören nun Trägermedien und Fachgeschäfte zusammen? Was bringt die Zukunft? Und gibt es noch eine Chance für uns hoffnungslose Romantiker, die Fachgeschäfte als kleine, soziale Oasen betrachten? Mehr dazu in Teil 3.

Das langsame Sterben kommerzieller Trägermedien und die Folgen (Teil 1)

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Über die Folgen der fortschreitenden Digitalisierung analoger Medien wurde schon viel geschrieben und noch viel mehr diskutiert. Auch zum nächsten Schritt, der gänzlichen Lossagung vom kaufbaren Trägermedium (CD, Buch, BluRay, ect.) hin zur kaufbaren Datei, haben sich viele Fachleute aus allen möglichen Bereichen die Köpfe in so manchen schlaflosen Nächten zerbrochen. Die Gründe für den neuen digitalen Weg liegen in den meisten Fällen ganz einfach beim Geld – keine Lagerkosten, keine zusätzlichen Vertriebswege, keine Zwischenhändler, und damit letztendlich weniger Arbeitslöhne. Mit der von Jahr zu Jahr steigenden Geschwindigkeit der Datenübertragung ist mittlerweile aber noch ein anderer Faktor wichtig geworden: der Wunsch des ungeduldigen Konsumenten nach unmittelbarer Befriedigung. Zu warten, sich geduldig zu zeigen, sich auf etwas zu freuen scheinen Tugenden zu sein, die langsam aber sicher in den Hintergrund rücken.

1982 beispielsweise wurde das Ende der guten alten LP und der Kassetten durch die Markteinführung der modernen, digitalen CD ausgerufen. Es sollte nicht lange dauern, bis die nun digitalisierte Musik auch als reine Audio-Datei im Internet erworben werden konnte – heute ist es so, dass manche Bands ihre Songs ausschliesslich im Netz verkaufen.

Oder das Ebook, das Verlage als profitables Produktekind des 21. Jahrhunderts betrachten, obwohl der erste elektronisch veröffentlichte Roman (passend: „Mona Lisa Overdrive“ von Cyberpunk-Übervater William Gibson) schon 1988 das Licht der Welt erblickte und die Angst vor einem apokalyptischen Sterben des gedruckten Buchs in die Köpfe mancher besorgter Literaturfans setzte. Wie es einige Musikbands vormachten, spielen heutzutage immer mehr Autoren (oder Verlage – so richtig klar wird das nicht kommuniziert), mit dem Gedanken, nur noch online zu veröffentlichen. Noch ist das gedruckte Buch, respektive das damit verbundene haptische Erlebnis, zu mächtig, als dass Printversionen verschwinden könnten.

Im Filmbereich löste die DVD 1995 die altmodische, aber äusserst sympathische VHS-Videokassette ab, und fand damit Eintritt ins goldene PC-Zeitalter. Nicht lange nach Einführung der DVD wurden die Datenmengen des Masteringprozesses immer grösser, die Qualität damit besser, und es folgte nach einem kleinen Gefecht zwischen verschiedenen Anwertern auf den Medien-Thron zu guter Letzt die BluRay. Und wie schon bei Musik und Literatur sind wir nun an einem Punkt angelangt, an dem viele Filme bzw. TV-Serien nur noch online erworben bzw. angeschaut werden können. Streaming lautet das (nicht mehr ganz so) neue Zauberwort des 21. Jahrhunderts.

Ebenfalls mit im Bunde sind meiner Meinung nach Spiele. Das gute alte Brettspiel (oder auch Gesellschaftsspiel) ist zwar nicht verschwunden und wird dies in absehbarer Zeit auch kaum tun, aber in Form von Konsolen- und PC-Spielen fand trotzdem eine erstaunlich vielfältige Evolution hin zum Digitalen statt. In der bunten Welt der elektronischen Spiele wurden die Daten einst auf steckbaren Kassetten, Tapes, Disketten, danach CD’s, DVD’s und BluRay’s gespeichert. Heute kauft kaum einer mehr seine Spiele auf einem Medium – wie auch bei Filmen, Büchern und Musik kann dies mittels des omnipräsenten Internets in Minutenschnelle bequem vom Sofa oder Bürostuhl aus erledigt werden.

Aber auf was will ich nach dieser etwas lange geratenen Einleitung eigentlich hinaus? Darauf werde ich demnächst in Teil 2 kommen.

Dann wäre da noch die Sache mit den Ratings

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Jeder kennt sie, viele benutzen sie bewusst, und wenn Herr bzw. Frau ‚X‘ das nicht tut, dann werden sie auf jeden Fall unterbewusst bei Konsumentscheidungen von ihnen beeinflusst: Ratings. Oder auf gut Deutsch: Bewertungen. Ich schreibe hier aber nicht von professionellen Bewertungen durch Journalisten oder ausgebildetes Fachpersonal, das ein Produkt auf Herz und Nieren testet bis es förmlich in seine Bestandteile zerfällt, sondern von Privatpersonen, die ihrem persönlichen Eindruck eines Dinges mittels Sternen oder Punkten auf Plattformen wie Amazon, LovelyBooks, IMDB oder vielen anderen Form verleihen.

Dieser persönliche Eindruck (und das ist sicher allen klar) hat nur bedingt mit der wirklichen Qualität eines Buches, einer Kettensäge, eines Filmes oder einer Zahnbürste zu tun, sondern bildet das Ergebnis einer persönlichen Rechnung aus Informationen diverser Ursprünge. Sicher, einige Kriterien davon beziehen sich tatsächlich auf die eigentliche Sache – etwa die Wortgewandtheit eines Autors, die Kratzfähigkeit einer Stahlbürste, die Materialqualität und Langlebigkeit eines Werkzeugs oder die schauspielerischen Fähigkeiten eines Darstellers. Weitaus öfter als man meint, kommen aber an erster Stelle enttäuschte oder erfüllte Erwartungen mit ins Spiel der Beurteilung. Und diese verändern die Gesamtwahrnehmung maßgeblich. Das führt dann dazu, dass Produkte besser oder schlechter, auf jeden Fall aber anders, bewertet werden, als dass es eigentlich korrekt wäre.

Dass die Addition solcher persönlicher Bewertungen von mehreren Dutzend, manchmal sogar mehreren hundert Personen letztendlich kein klares Bild abgeben kann, versteht sich von selbst. Schließlich sind meine Empfindungen und Erwartungen, die ich an ein Produkt stelle, nicht die deinen. Aus diesem Grund habe ich schon vor längerer Zeit damit begonnen, in die Bewertungs-Historien von Hobby-Kritikern zu gucken, um mir anzuschauen, was Person ‚X‘ beispielsweise im ganzen letzten Jahr so gelesen hat. Je größer die Kenntnis verschiedener Kritiken von ein und demselben Menschen, desto besser die Entschlüsselung und das Verständnis einer einzelnen Bewertung. Und genau hier erlebe ich seit mehreren Monaten immer wieder aufs Neue Überraschungen.

Immer öfter nämlich stelle ich fest, dass es Menschen gibt, die Produkte ausschließlich mit dem Maximum bzw. Minimum bewerten. Also 1 oder 5 Sterne resp. 1 oder 10 Sterne … je nach Skala. Nichts dazwischen außer der Leere fehlender Zwischentöne. Die Welt dieser Leute scheint auf den ersten Blick schwarz oder weiß zu sein. Gut oder böse. Dinge sind existent oder nicht-existent, richtig oder falsch. Als gäbe es keine Abstufungen, keine Nuancen oder andere akzeptierte Perspektiven, dabei weiß doch (hoffentlich) jeder, dass alles eine endlose Ansammlung an Grautönen ist. Oft geht es in solchen Bewertung eben gar nicht darum, ein Produkt fair auf seine Stärken und Schwächen zu testen und dementsprechend zu kritisieren. Viel eher geht es darum, dass hier oftmals bewusst Manipulation betrieben wird – vor allem von Fans, die ihren Liebling auf Biegen und Brechen glorifizieren wollen. Die Konkurrenz wird dabei im gleichen Atemzug niedergemacht. Und dass das niemandem außer dem eigenen hochgewichsten Ego etwas bringt, wird selbstverständlich ignoriert.

Darum mein Appell an euch: Lasst Verstand walten und bewertet fair und detailliert. Damit helft ihr anderen Interessierten, die echte und damit nützliche Information suchen. Ein Ding kann durchaus Schwächen (sogar viele Schwächen) haben und als Gesamtprodukt immer noch verdammt viel Spaß machen.